Ökonomie
der Medieninhalte. 5.7 Wettbewerbspolitische Beurteilung Das CPDG-Verfahren stellt eine Veränderung der Wettbewerbsbedingungen dar, weil es erstmals nahezu perfekt differenzierte Preise ermöglicht. Daher ist grundsätzlich zu prüfen, welche Auswirkungen CPDG auf den Wettbewerb hat und ob dieser unter den neuen Bedingungen zuverlässig funktionieren kann. 5.7.1 Funktionierender Wettbewerb mit CPDG Die Wettbewerbsfreiheit mit ihren Bedingungen des freien Marktzugangs und der Freiheit aller Marktteilnehmer, ihre ,,Entschlüsse auf dem Markt frei fassen und durchführen" zu können (Hefermehl 1996: 39, Rdn 27), wird durch das CPDG nicht gefährdet. Die Teilnahme am CPDG beruht sowohl für die Anbieter als auch für die Nachfrager auf freiwilligen Vereinbarungen. Das Verfahren genießt daher den Schutz der Vertragsfreiheit, welche wiederum ein ,,wesentliches Element der Privatrechtsordnung freiheitlicher Rechtsstaaten ist". (Weiß 1972: 31) Eine Einschränkung der Vertragsfreiheit kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die Wirtschaftsteilnehmer die Vertragsfreiheit zur Ausbeutung von Machtungleichgewichten missbrauchen. Solche Machtungleichgewichte treten aber nur dort auf, wo kein wirksamer Wettbewerb zwischen den einzelnen Akteuren herrscht. Ansonsten könnten alle, die sich benachteiligt fühlen, in freier Ausübung ihrer Vertragsfreiheit bessere Alternativen als Handelspartner wählen. Funktioniert daher der Wettbewerb, so ist ein Eingriff in die Vertragsfreiheit weder notwendig noch kann er gerechtfertigt werden. (Vgl. Weiß 1972: 31) Auch ein Gleichbehandlungsgebot kann aus wettbewerbspolitischen Gründen nur dann gelten, wenn der Wettbewerb und die durch ihn gewährleistete Leistungsgerechtigkeit gefährdet wird (vgl. Weiß 1972: 38f).128 >>240<< Um die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs mit CPDG zu überprüfen, soll daher untersucht werden, ob er die im allgemeinen von einem Wettbewerb erwarteten Aufgaben leistet. Weiß (1972: 70) fasst diese Anforderungen in fünf Wettbewerbsfunktionen zusammen: ,,1. Steuerung der Einkommensverteilung
nach der Marktleistung Die vielfältigen Formen des Marktversagens, die an den Märkten für öffentliche und differenzierte Güter festgestellt wurden (vgl. Kapitel 4), machen deutlich, dass die konventionellen Wettbewerbsformen die Wettbewerbsfunktionen nicht erfüllen: Allein für den wohl vorherrschenden Bertrand-Wettbewerb gilt, dass (1) die Anbieter Einkommen erhalten, die weit über ihrem Wohlfahrtsbeitrag liegen, und dass (2) das Angebot die Käuferpräferenzen verfehlt und Produktionsfaktoren unwirtschaftlich eingesetzt werden, weil die Produktqualität zu niedrig ist und Preise und Vielfalt zu hoch sind. Erst mit einer vollkommenen Preisdifferenzierung, wie sie CPDG annähernd ermöglicht, werden die ersten drei Wettbewerbsfunktionen erfüllt.129 CPDG ist daher - geradezu im Gegensatz zu den konventionellen Vertriebsformen für Medieninhalte - wettbewerbsverträglich, und die Leistungsgerechtigkeit des Marktes wird wiederhergestellt. 5.7.2 Das Problem natürlicher Monopole Es gibt Arten von Medieninhalten, die eigentlich natürliche Monopole sind. Sie verschaffen einen Nutzen, der von konkurrierenden Produkten entweder vollständig oder überhaupt nicht geboten werden kann. Unterschiede in der >>241<< horizontalen Produktdifferenzierung, die für die Substitutionskonkurrenz im monopolistischen Wettbewerb erforderlich sind, gibt es hier nicht. Ein Beispiel sind Textverarbeitungsprogramme: Sie üben entweder bestimmte Funktionen aus, oder sie sind eben keine Textverarbeitungsprogramme. Dass die Hersteller von solchen Produkten im konventionellen Markt trotzdem einer Substitutionskonkurrenz ausgesetzt sind, liegt an der Möglichkeit vertikaler Produktdifferenzierung: Qualitativ schlechtere Produkte können Marktanteile erobern, weil sie mit niedrigeren Preisen solchen Kunden ein überlegenes Angebot machen, welche eine geringe Kaufkraft oder ein geringes Nutzungsinteresse haben (vgl. Kapitel 4.4.4.4 sowie Shaked und Sutton 1982). Bei perfekter Preisdifferenzierung sind eindeutig minderwertige Produkt jedoch nicht überlebensfähig. Allen Nachfragern kann der Anbieter des hochwertigsten Produkts ein überlegenes Angebot machen und dabei noch positive Erlöse erzielen, während alle anderen Anbieter überhaupt keine Erlöse abschöpfen. Dies allein ist zunächst wohlfahrtsförderlich, da es volkswirtschaftliche Ressourcen einspart, ohne Nutzeneinbußen mit sich zu bringen. Die Preisdifferenzierung fördert damit auf der anderen Seite aber auch die Herausbildung von Monopolstellungen der Anbieter. Hier gibt es dann keine Wettbewerber, die die Monopolisten daran hindern, den Nachfragern die gesamte Konsumentenrente zu rauben. Die Anbieter unterliegen lediglich der mittelbaren Gefahr, dass sie mit hohen Monopolrenten potentielle Konkurrenten zum Markteintritt animieren. Ihr Bestreben wird daher sein, mit moderaten Preisen (,,limit pricing") Neueinsteiger vom Markteintritt abzuschrecken (Shapiro und Varian 1999: 30). Auch werden die Quasi-Monopolisten ihre Produkte weiterentwickeln, damit sie nicht von technisch überlegenen und neu eingeführten Konkurrenzprodukten vom Markt verdrängt werden. 5.7.3 Wettbewerbsversagen zwischen den CPDG-Gruppen Für den Fall, dass es zu einer Konkurrenz mehrerer Anbieter des CPDG-Verfahrens kommen sollte, ist davor zu warnen, dass die Konkurrenz nicht unbedingt zu einem Wettbewerb führt, der die soziale Wohlfahrt maximiert. Das liegt daran, dass ein einzelner Nachfrager von Medieninhalten ein Monopsonist130 ist, der theoretisch in der Lage ist, jeden Anbieter zu maximalen Preisnachlässen zu zwingen. Im CPDG-Verfahren wird dies durch den >>242<< DRP verhindert, jedoch ist die Gruppe als Ganzes sehr wohl in der Lage, ihre Konsumentenmacht gegen die Inhalteanbieter auszuspielen: Angenommen, eine Gruppe benötigt 10 Prozent vom Gruppenumsatz, um die Verwaltungskosten decken zu können. Entscheidet sie sich jedoch, statt 10 Prozent vom Umsatz einen viel höheren Betrag einzubehalten, können sich die Anbieter nicht dagegen wehren: entweder sie sind mit dem ihnen verbleibenden Erlösrest zufrieden oder sie verzichten vollständig auf den Umsatz. Die Gruppe kann nun die zu viel einbehaltenen Umsatzanteile als Umlage an die Mitglieder verteilen oder sonstige aufwendige Zusatzleistungen anbieten. Die Konsumentenrente der Mitglieder dieser Gruppe wird dabei beträchtlich erhöht, ohne es zunächst Auswirkungen auf die ihnen zur Verfügung stehende Vielfalt und Qualität an Medieninhalten hätte. Gruppen, die übertrieben große Anteile am Umsatz einbehalten, werden daher anderen Gruppen in der Nachfragergunst überlegen sein und sich langfristig durchsetzen. Die beträchtliche Einnahmereduktion der Inhalteanbieter wird dazu führen, dass die Inhalteproduktion sowohl quantitativ als auch qualitativ auf ein suboptimales Niveau sinkt. Das führt zu einem so hohen Wohlfahrtsverlust der Nachfrager, dass er nicht durch eine wie auch immer geartete Umsatzbeteiligung ausgeglichen werden kann. Die Nachfrager wählen daher aus Eigennutzüberlegungen Gruppen aus, die auf lange Sicht dem Interesse aller Nachfrager entgegenstehen. Man kann dieses Gefangenendilemma der Nachfrager nur vermeiden, wenn man alle CPDG-Gruppen den gleichen, wohlfahrtsoptimalen Regeln der Umsatzbeteiligung unterwirft. 128 Der Begriff der Leistungsgerechtigkeit kann nicht uneingeschränkt verwendet werden, da ein funktionierender Wettbewerb an einem Markt eher eine ,,Marktgerechtigkeit" fördert. Schließlich erzielen die Anbieter vieler Dienste und Güter nur deshalb besonders hohe Preise, weil eine Knappheit an ihren Leistungen herrscht. Umgekehrt können andere Marktteilnehmer große persönliche Anstrengungen unternehmen und trotzdem nur eine minimale Kompensation erhalten, weil am Markt Überfluss an ihren Leistungen herrscht. Dennoch soll im Folgenden weiterhin der Begriff der Leistungsgerechtigkeit verwendet werden, weil mit ihr in der Literatur genau das bezeichnet wird, was auch der Begriff der Marktgerechtigkeit bezeichnet, nämlich die Existenz von Anreizen zur wohlfahrtsoptimalen Allokation aller ökonomischen Ressourcen. 129 Über die Erfüllung der vierten und fünften Wettbewerbsfunktion kann allein auf der Grundlage von Kapitel 4 keine Aussage getroffen werden. Es ist aber unwahrscheinlich, dass hier die Anwendung vom CPDG größere Auswirkungen zeigt, weil dies nicht Fragen der Angebotssteuerung sondern der betrieblichen Inhalteproduktion sind. 130 Monopsonistenmacht erwächst allen Nachfragern, die nicht im Wettbewerb mit anderen Nachfragern um die Güter der Anbieter stehen. Ähnlich wie die Monopolisten in einem Anbietermonopol können die Monopsonisten die Anbieter theoretisch zu Preissenkungen bis hinunter zu den Grenzkosten der Produktion zwingen, da der Anbieter jedes Preisgebot akzeptieren muss, wenn er nicht ganz auf Beiträge dieses Nachfragers zur Deckung seiner Kosten verzichten will. ,,Ersatznachfrager", die alternativ das Gut kaufen würden, gibt es in einem Monopson nicht. |
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